Der 210-minütige, deutsch synchronisierte, indische Masala-Film «In guten wie in schweren Tagen» ist der erste indische Film, der in deutscher Sprache im Fernsehen gezeigt wurde. Im Film werden emotionale Situationen bei generellen menschlichen Problemen und Konflikten in Familien mit verschiedenen Tanzeinlagen abgebildet und damit auch deutlich hervorgehoben. Die Musik und die Choreografie wird speziell nur für diesen einen Film komponiert mit den passenden Worten zur Wiedergabe der Empfindungen.
Wie in vielen anderen indischen Filmen werden alltägliche Gefühlszustände ergreifend und packend dargestellt durch deutliche Gestik, Mimik, Aussehen, Farbenprächtigkeit, lebendige Bilder, Feste und religiöse, politische und weltanschauliche Einbindung. Diese indischen Filme können auch als Fortsetzung der bedeutendsten indischen Liebesgeschichten aus dem Sanskrit gesehen werden, die Gitagovinda zwischen dem Gott Krishna und dem Hirtenmädchen Radha und das Ramayana des göttlichen Prinzen Rama und seiner Frau Sita. Der Filmheld zeigt offen Gefühle wie Freude, Weinen, Schmerz, Verzweiflung. Er vertritt Treue, Selbstlosigkeit, Ehrlichkeit, positive Gesinnung und eine nahe Beziehung zur Mutter, die den Mittelpunkt jeder Familie bildet, aus dem der Mensch ein Verbundenheitsgefühl, Zugehörigkeit im Leben, Freundschaftsgefühle und damit einen Lebenssinn schöpfen kann, auf die er bezogen ist und für die er lebt. Die so wichtige Mutter in den Familien wird mit der aufstrebenden «Mutter Indien» verknüpft – im Gegensatz zur absteigenden ehemaligen Kolonialmacht Grossbritannien.
Dieser Film zeigt sich exemplarisch an Vater Yash (Der Erfolgreiche), der traditionellerweise eine Frau für seinen adoptierten ältesten Sohn Rahul (der Bezwinger allen Elends, Buddhas Sohn: Der Fähige) findet, um zu garantieren, dass die eigene Sicht der Familien-Welt mit der einer in die Familie eingeheirateten Frau in Übereinstimmung ist. So soll der Familienfriede, der Zusammenhalt und ein glückliches gemeinsames Familien-Leben innerhalb der gleichen Gesellschaftsschicht, der Kaste oder des gleichen Jati möglich werden, aus dem erst das eigene Glück entsteht. Liebe entsteht üblicherweise im Zusammenleben und Aufeinander-Eingehen und Füreinander-Da-Sein innerhalb der ganzen Familie. Rahul aber verliebt sich – entgegen dem gesellschaftlichen Konsens, wie ein gutes und gefühlvolles Zusammenleben langfristig zustandekommt – in Anjali (Gottesgeschenk), eine Frau aus einer armen unteren ungebildeten Gesellschaftsschicht (Kaste).
Die von Vater ausgesuchte Frau Naina (Das Auge) empfindet, dass Rahul sie nicht liebt und – auch in Verwendung der üblichen Schicksalhaftigkeit, dem Kharma – ermutigt ihn, die andere Frau zu nehmen, die ihn glücklich machen kann, um seinen Traum zu verwirklichen.
Vater Yash glaubt, nicht nur für sich entscheiden zu können, sondern für die Moral, die Werte, für Sitten und Gebräuche, für den Familiennamen und seine Ehre, die gesellschaftliche Position – auch der Nachfahren. Yash glaubt, dass sein adoptierter Sohn seine innersten Gefühle und Prinzipien verletze, nämlich für etwas Grösseres als für sich selbst leben zu sollen, im Einklang mit dem Auftrag der Familie, des gefühlsmässigen Aufeinander Bezogen-Sein- Könnens und der sie befestigenden religiösen Überzeugungen. Yash – zutiefst enttäuscht von der für ihn persönlichen Abkehr – wirft seinem adoptierten Sohn Rahul vor, nicht von seinem Blut zu sein und fühlt sich berechtigt, und gezwungen, ihm die Familienzugehörigkeit zu entziehen und nicht mehr sein Sohn zu nennen. Er nimmt diesem damit das Gefühl der Zugehörigkeit im Leben und macht ihn zum Fremden in der Welt. Die leidende Mutter Nandini (die Freudebringende) glaubt dies bestätigen zu müssen. Rahul muss mit seiner Frau Anjali und deren Schwester Pooja (die Angebetete) nach London, wo ihn täglich beschäftigt, dass er seinem unbewussten Lebensziel nicht gerecht werden kann, ganz in Übereinstimmung mit der Familie zu sein. Das schmerzt ihn so und er kann es sich nicht zugestehen. Seine Grossmutter und seine Mutter leiden, weil sie ihren Lebenssinn nicht verwirklichen können, die Familienmitglieder im Gefühl zu tragen. Rahuls Vater leidet vor allem unter der Freudlosigkeit und unausgesprochenen Zurückweisung durch seine Frau.
Rahuls jüngerer Bruder Rohan (der Aufsteigende, altdeutsch: der Gütige) erfährt 10 Jahre später – nicht zufällig am Lichterfest Divali, – wie es zur Trennung mit seinem Bruder kam. Das Fest symbolisiert den Sieg des Guten über das Böse, der Wahrheit über die Lüge und des Lebens über den Tod
Rohan gelingt es, dass jeder in seiner Familie sein Gesicht wahren kann und die Familie sich doch wieder zusammenfindet – unter Verweis auf die Frage, wer bei Missverständnissen, Verletzungen, Streit und Krieg den ersten Schritt machen kann, seine Sicht der Dinge zu hinterfragen und sich in die Sichtweise des anderen hineinzuversetzen so dass statt Verletzung die Versöhnung im Mittelpunkt stehen kann. Der Stolz des einen und der Egoismus des anderen verhinderten eine Annäherung und ein friedliches Miteinander.
Dieser Film zeigt auf, was oft zu wenig beachtet wird: Dass Menschen ihr ganzes Denken, Fühlen und Handeln in den ersten Lebensjahren erwerben und dabei ihre innere Ausrichtung und ihre oft unbewussten Lebensmelodie an der Gefühlswelt der Ursprungs-Familie orientieren. Wie eng oder weit einem die Welt erscheint, wie stark man sich auch für andere Menschen interessieren kann, was und wie viel man bei der inneren Abstimmung mit anderen Menschen erlebt, hängt damit zusammen, wie weit man unbewusst meint, sich dabei von dem Lebensgefühl und den gelebten Vorstellungen der Eltern zu entfernen.
In der Figur Pooja, in England sozialisiert, zeigt der Film die Menschen der ehemaligen Kolonialmacht als beziehungslose, oberflächliche und familienferne Menschen, wo es für Frauen «Männer regnet» und die Frauen diese abblitzen lassen. Pooja erkennt, dass sie aus einer innigen Beziehung, eingebunden in stabilen familiären Beziehungen innerhalb religiöser Regeln ein glücklicheres Leben erfahren kann.
Die Bedeutung einer geglückten beziehungsvollen Eltern-Kind Beziehung für das Leben wird folgendermassen dargestellt: Wenn Du im Leben etwas erreichen willst, wenn Du gewinnen willst, dann höre auf Dein Herz. Und wenn Dein Herz einmal nicht antwortet, dann schließe die Augen und denke an Deine Eltern. So wirst Du keine Angst mehr haben und alle Hindernisse überwinden. Dann kannst Du alles erreichen – einfach alles! Nur Du alleine
Psychologisch gesehen kann eine missglückte Eltern-Kind-Beziehung sehr schmerzhaft sein. Es geht auch dabei darum, zu erkennen, dass die eigene spontane gefühlsmässige Stellungnahme zu den Menschen von den ersten Erlebnissen geprägt ist. Um frei zu werden von diesen erzwungenen Gefühlslage anderen Menschen und er Welt gegenüber geht es darum, die Abhängigkeit von den Erlebnissen in den ersten Lebensjahren zu erkennen und sich damit insofern zu versöhnen, dass man sich von seinen zufälligen unbewussten Schlussfolgerungen im Leben entledigen kann und sich freie und gefühlsnahe Beziehungen wagt und erlaubt.