Das 120-minütigen Filmdrama «Zeit für Legenden (Race)» aus dem Jahr 2016 behandelt am Beispiel des schwarzen Leichtathleten Jesse Owens, wie viel im Leben auch unter widrigsten Umständen erreichbar ist mit Mut, Ausgeglichenheit, Unangestrengtheit, Unabhängigkeit gegenüber der Meinung anderer und Freundschaftsgefühlen.
Jesse Owens war der jüngste von 10 Kindern eines schwarzen Arbeiters, der aus den Südstaaten nach Ohio wanderte. Die Ungleichheit zwischen Schwarzen und Weissen war systematisch und fest verankert. Owens, vom schweigsamen Vater und der unterstützenden Mutter sowie von den Geschwistern geliebt, liess sich auch von offener Ablehnung und systematischer Zurückstellung nicht beirren und setzte – auch in ihrem Elendsviertel – alles daran, in der Schule und im damals wichtigsten Sport, der Leichtathletik, intensiv trainieren zu können. Er blieb in Ohio, weil er dort mit dem besten Leichtathletik-Coach, Larry Snyder, trainieren wollte. Dieser verlangte ihm harte Arbeit ab, machte ihn aber trotz grossen Wiederständen aufgrund seiner Leistungen zum ersten schwarzen Temakapitän. Da die Universität kein Stipendium an Schwarze vergeben durfte, erhielt sein Vater als Unterstützung eine Stelle von der Universität. Jesse wurde in seiner Erziehung so selbstsicher, dass er sich vom Rassismus weder einschüchtern noch aufregen liess, sondern diesen als ein Problem der rassistisch Denkenden ansah. Auch wenn er nicht auf dem Cmapus wohnen durfte.
So kam es dazu, dass er im Wettrennen Freiheit erlebte von der Rassentrennung erlebte ( beides bedeutet «race», wie der Originaltitel heisst.)
Seine Fähigkeit, Freundschaften aufzubauen zeigte sich darin, wie er im College mit den Vorurteilen und Ablehnung von Weissen umgeht und mit dem einzigen sonstigen schwarzen Kollegen. Genauso entwickelte sich zu seinem weissen Coach eine immer tragfähigere Beziehung, indem sie sich gegenseitig immer besser erfassten. Zu seiner Frau, die ihn nicht dirigieren wollten, entstand eine immer grössere Vertrautheit, indem er ein Fehlverhalten von ihm damit wieder gutmachte, dass er sie innig umwarb. Er konnte sich gut und gleichwertig mit ihr besprechen und deshalb schwierige Lebenssituationen besprechen. Auch mit einem bissigen Konkurrenten entstand eine freundschaftliche Beziehung, da Jesse ausgeglichen und nicht nachtragend war.
Auch an der Olympiade 1936 im nazistischen Berlin entwickelte sich dank der gegenseitigen Wertschätzung im Sport zwischen Owens und seinem deutschen Weitsprung-Rivalen Carl Ludwig „Luz“ Long eine enge Freundschaft, die schließlich damit gekrönt wird, dass sie Arm in Arm im Olympiastadion vor 100 000 Zuschauern eine Ehrenrunde absolvieren – ein grandioser Moment der Menschlichkeit. Luz Long verlor dabei sein Ansehen bei den Nazis. Der deutsche Vorzeige-Arier hätte bei diesem Anlass eigentlich die sogenannt niedrigere schwarze Rasse vorführen sollen und befreundete sich stattdessen. Das war der Mega-PR-Gau für Hitler und Goebbels.
Owens empfand jedoch differenziert. Er bemerkte, dass es im nazistischen, kaum versteckten judenfeindlichen Deutschland die Rassentrennung von Schwarz und Weiss wie in den USA überhaupt nicht gab. Er gab an, dass ihm, dem 4- maligen Olympiasieger, Hitler sogar gratuliert hätte, auch wenn das überall verschwiegen wurde.
Im Original zweideutig-treffend „Race“ betitelten Werk wird deutlich, wie Owens durch seine unfassbaren Triumphe bei den Nazi-Propagandaspielen 1936 in ganz besonderer Weise weit über den Sport hinaus rassistische Weltbilder erschütterte. Auch diejenigen von Schwarzen, die erkennen konnten, dass sie unabhängig von den Hautpigmenten siegen konnten.
In den USA blieb er aber der Unterdrückte. Der demokratische Präsident Roosevelt verweigerte ihm und allen schwarzen Olympiateilnehmern die Anerkennung. Er wollte die Wahlen für seine linke Politik gewinnen und dafür musste er die weissen rassistischen demokratisch wählenden Südstaatler zufriedenstellen, Owens bedrückte lebenslang diese Demütigung durch den Präsidenten. Er durfte anschliessend in den USA auch nie mehr im Sportwettkämpfen auftreten, weil er so unabhängig und eigenständig war, dass er sich nicht unterordnete, seine Frau so sehr vermisste, dass er nicht wie von ihm von den Funktionären verlangt, in anderen Ländern Europas keine weiteren Wettkämpfe mitmachen wollte.
Das olympische Komitee der USA stimmte – im Gegensatz zum Film – nach einem Bericht eines korrupten Delegierten aus der Baubranche über Deutschland – einstimmig dafür, die olympischen Spiele in Berlin 1936 nicht zu boykottieren. Dieser behauptete, es sei kommunistische Propaganda über die Nazis. Im Film wird die Position der USA hinterfragt, deren eigene Gesellschaft von tiefsitzendem Rassismus geprägt war und die sich dennoch als Vorkämpfer für Demokratie und Gleichberechtigung betrachteten. Gleichzeitig werden die höhere Stufe von Abscheulichkeiten der Nationalsozialisten dargestellt, die Olympia nutzen wollten, um die vermeintliche Überlegenheit der arischen Rasse zu demonstrieren – wozu die bekannte Filmproduzentin Leni Riefenstahl den filmischen Beleg liefern sollte. Der schwarze Aktivist Harry Davis legte den Finger in die Wunde: „Wie verlogen ist es, wenn Amerikaner über Rassismus in anderen Ländern herziehen?“
Es wird deutlich, wie unabhängig Jesse Owens war, der – offensichtlich aufgrund seiner Erziehung, sich nicht von der Meinung anderer abhängig fühlte und zielgerichtet auf das zuging, was das Leben erforderte. Owens wollte zwar vorankommen, aber er wollte niemandem Schaden zufügen. Er handelte nach dem Motto seines weissen Sportlehrers James Rilej, der ihn schon als Junge stark förderte. Er hatte keine Freude, wenn jemand verliert, sondern er war ehrgeizig ohne Konkurrenzgefühle.