Er ist nichts weniger als „Spezialist für die Psychologie der Gefühle“: Professor der Philosophie, Knut Eming, aus Heidelberg erklärte kürzlich in einem Vortrag, „Wie Gemeinschaft gelingen kann“.
„Nur weil wir andere Menschen haben, können wir merken, wer wir sind“ ist eine zentrale Aussage Knut Emings. Wir finden uns nicht, wenn wir uns in uns selbst suchen. Als soziale Lebewesen sind wir nicht Einzelgänger, die die Eigenständigkeit in sich selbst finden können. Wir brauchen immer den anderen Menschen, um uns selbst zu erkennen.
Leider, so Knut Eming, sind viele im Gefühl nicht nahe genug beim anderen Menschen, fühlen sich nicht wohl genug und erleben das Zusammensein mit anderen zu sehr als Stress, als dass eine engere Verbundenheit und ein Gefühl von Gemeinschaft gelingen kann. Dies hat mit falschen Überzeugungen zu tun: Die anderen Menschen wurden dem Kind oft als Lebewesen vorgestellt, die dazu da sind, einen zu kritisieren, zu bremsen und zu konkurrieren. Oder andere erlebten schon früh, dass die anderen einem nur dann wohlgesonnen sind, wenn sie auf jeden Wunsch eingehen, jedes Gefühl beachten und immer lustig sind. Wenn dieses erwartete Setting sich nicht wiederholt, fühlen sie sich unverstanden, sind leicht säuerlich oder beklagen sich offen oder versteckt.
Menschliche Gemeinschaft kann sich wegen solcher falschen Meinungen und Umwegen nicht so breit entfalten, wie sie es eigentlich von Natur aus könnte, erklärte Knut Eming. Die Gefühlsmöglichkeiten seien oft noch so eingeschränkt, dass wenig freundschaftliche Gefühle möglich sind. Freundschaft braucht es aber, um frei und eigenständig zusammenleben zu können, nicht nur in kleinen Gemeinschaften, sondern in allen Gesellschaften. „Der Mensch leidet dann darunter, dass er sich nicht zusammen gesellen kann.“ Der Ausweg besteht laut dem Referenten darin, seine Gefühlsirrtümer in Bezug auf die anderen Menschen zu erkennen.
Es brauche heute mehr Institutionen, in denen die gleichwertige und freundschaftliche Verbundenheit mit anderen gelehrt und erlebt werden kann. „Die Wandlung der störenden Gefühle in Bezug auf die Mitmenschen ist dann möglich, wenn der einzelne in einer Gemeinschaft auf Zeit merkt, dass er ablehnende Gefühle gegenüber den Mitmenschen nicht verstecken muss, sondern als verfehlte Meinung über sich selbst und andere verstehen lernen kann.“ Dazu gehört zu erleben, dass man nicht nur von ein paar wenigen verstanden werden kann, sondern von vielen.
„Solche Gemeinschaften machen auf eine Art öffentlich, was jeder zu verstecken meint. Sie sind wie Diamanten, die einen Ausblick verschaffen, wie die Zentrierung auf das eigene Wohl als Gegensatz zum Gemeinwohl überwunden werden kann. Man erkennt in solchen Gemeinschaften, dass es einem selber am besten geht, wenn man den Mitmenschen nah verbunden ist.“, erklärte Professor Knut Eming. Wenn sich der einzelne unter anderen Menschen besser zurechtfinden lernt und sich wohl fühlen kann, wird es besser möglich, mit anderen ohne Stress zusammen zu sein. Dann kann man auch positiver den anderen gegenübertreten, leichter in Vereinigungen und Vereinen mitmachen, das Wohl der Gesamtheit gerne mitdenken und mit allen Menschen mitfühlen.
Diethelm Raff
Psychologe
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