Oft können wir die Eifersucht bei Kindern beobachten: Ein Kind nimmt seinem Freund das Spielzeug weg, weil es sich benachteiligt fühlt. Ein anderes Kind kann plötzlich nicht mehr mitspielen, weil ihm etwas weh tut, denn es glaubt, dass sein Geschwister zu sehr im Mittelpunkt steht. Ein drittes schreit laut oder wird hyperaktiv, wenn sich der Lehrer dem Klassenkollegen zuwendet. Ein viertes Kind zieht sich ganz still oder gar beleidigt in eine Ecke, wenn es nicht besonders hervorgehoben wird. Ein fünftes beschäftigt sich nur noch mit sich selbst und denkt nirgensd mit, weil es sicher ist, dass andere bevorzugt werden.
Es scheint für uns Erwachsene allerdings eine ungeschriebene Regel zu sein, dass Eifersucht ab einem gewissen Alter kein Thema mehr sein sollte. In Wirklichkeit aber spielen Eifersuchtsgefühle in vielen täglichen Situationen eine entscheidende Rolle. Sie können der Grund sein, warum es uns schwerfällt, uns zu einigen, uns zusammenzuschliessen, uns über das Glück von anderen zu freuen.
Viele glauben, dass sie im Vergleich zu anderen nicht genügen, fühlen sich schnell abgelehnt, sind sich sicher, dass andere bevorzugt werden und man selbst zu wenig Beachtung findet. Man sieht zwei Leute zusammenstehen und glaubt schon, dass diese nicht wollen, dass man dabei ist. Man vergleicht sich ständig, verurteilt, was andere versuchen, setzt sich davon ab, muss darstellen, dass die Leistung von anderen doch nicht so grossartig ist, wie man glaubt.
Solche Eifersuchtsgefühle können dann zu Reaktionen führen wie Trauer, Abneigung, Vorwurfshaltungen, Besserwisserei, Rückzug, Streit, oder Strenge. Es sind Gefühle, die uns in unserer eigenen Entwicklung hemmen, denn wir können dann schwerer oder gar nicht mit den anderen zusammenarbeiten, mitreden und mitgestalten. Wenn wir uns mit diesen Gefühlen auseinandersetzen und sie verstehen lernen, müssen wir sie nicht verurteilen. Wir verstehen dann, dass Eifersucht ein nagendes Schwächegefühl ist. Diese Unsicherheit lässt sich auflösen, indem wir erfahren, welchen Sinn dieses Gefühls in der eigenen Entwicklung hatte und welche unbewussten Ziele damit verbunden sind. Wenn wir für andere wichtig werden, indem wir uns in sie hineinversetzen und uns aktiv verbinden, wird die Eifersucht gelindert oder verschwindet.
lic. phil. Diethelm Raff
Psychologe
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