«Schneiderin der Träume (SIR)» (2018, 95 Min.), Regie: Rohena Gera
In diesem Film einer eigentlich unmöglichen Liebe zwischen verschiedenen Kasten entwickelt die Autorin geduldig, aufmerksam und mit großer Sensibilität für Details die Zuneigung zwischen dem Dienstmädchen Ratna und dem reichen Ashwin durch deren alltäglichem Umgang miteinander: Die von Mitgefühl motivierten Versuche der Dienerin, den nach einer geplatzten Hochzeit nachvollziehbar melancholischen Herrn zu trösten, lassen diese erst in seinem Gesichtsfeld sichtbar werden. Es entfaltet sich die Liebe ausgedrückt bei meist kurzen Kontaktaufnahmen in den Körperhaltungen, Blicken und Gesten, die die Konventionen nicht verletzen. Beide fühlen sich immer genauer in das jeweilige soziale und Gefühlsleben des anderen ein. Sie zeigen sich gegenseitig, dass sie sich gut vorstellen, was den anderen beschäftigen oder gar verletzen könnte und erleben dabei gegenseitig, dass sie vom anderen verstanden werden. Und erleben gegenseitig, dass der eine für des anderen Wohl empfindet und dabei sogar auf die eigenen Vorteile verzichten und sogar Nachteile in Kauf nehmen. Daraus entwickelt sich ein Vertrauen ineinander, das für eine andauernde Liebe grundlegend ist. In feiner Abstimmung aufeinander erlebt der Zuschauer, dass sich eine Liebe entfaltet und vertieft, wenn beide so viel emotionale Grundlagen für ein freies und gefühlsverbundenes Leben haben, dass der andere zu einem Teil des eigenen Lebens wird, für den man mitfühlt und mitdenkt und ihm das Lebem verschönern will. Es wird deutlich, wie viel entscheidender für die Verbundenheit und das Vertrauen diese innere Annäherung und das Verständnis füreinander ist als tradierte Vorstellungen. Es ist weder ein gleicher sozialer Status, gleiche Bildung oder der familiäre Hintergrund entscheidend ist noch sexuelle Aufreizung oder gleiche Aktivitäten im Beruf oder in der Freizeit wie Sport oder Ferien.
Im Film erahnt man, dass diese emotionalen Fähigkeiten in den beiden Familien gelegt wurden. Der Vater von Ashwin lässt ihn frei entfalten und hilft ihm dazu, sich überlegen zu können, wie er sein Leben gut führt. Ratna hat sich schon immer liebevoll um ihre jüngere Schwester gekümmert und viel Mut entwickelt, sich ein eigenes Leben aufzubauen. Beide müssen dafür nicht oppositionell werden und sich sogenannt befreien, sondern finden überall Möglichkeiten, sich mit anderen zusammenzutun und sich generell an Menschen zu erfreuen und sich bei Freunden abzustützen. Und beide haben eine selbstverständliche Freude daran, andere zu ermutigen selbstverständlich andere Menschen dabei Der Film dokumentiert, dass sich Menschen nur dann glücklich miteinander verbinden können, wenn sie sich gerne aufeinander einstellen und sich füreinander interessieren. Solche eingeengten Vorstellungen davon, wie und wo man einen Partner findet, beeinträchtigen es, dass man darauf achtet, mit welchem Menschen es gelingen kann, sich füreinander zu begeistern. Der Film zeigt: Alle Voreingenommenheiten durch den sozialen und bildungsmässigen Status verhindern nicht, dass zwei Menschen versuchen herauszufinden, ob sie in aller Ruhe und frei eine Liebe entfalten können, in der sie sich immer mehr emotional verbinden, sich aneinander freuen und das Leben des anderen verschönern können. Wenn sie selbst im Gefühl so ausgestattet sind, dass sie sich unvoreingenommen begegnen können und gemeinsam das Leben des anderen entdeckend und interessierend zu erfassen und sich daran zu erfreuen.